Mit den Bikes der Marke Raymon bin ich im vergangenen Jahr erstmalig in der Lüneburger Heide in Berührung gekommen. Eine wirklich geile Tour mit einem e-MTB und nun gab es endlich die Möglichkeit, ein Gravelbike, genauer das „Gravelray 4“, zu testen. Gibt es einen New-Bike-Day für mich? Findet es in diesem Artikel gerne heraus.

Raymon Gravelray 4 im Test

Ich bin immer mal wieder gerne in Fahrradgeschäften in meiner Region und auch anderswo unterwegs. Als gelernter Kaufmann und ehemaliger Unternehmens- und Medienberater schaue ich nicht nur ganz gerne auf die Angebote, sondern auch auf die Konzepte, Ausstattung, Präsentation und das allgemeine Umfeld der Läden. So habe ich mir im Norden mal eine Filiale des „Kleinen John“ angeschaut und bin quasi über ein recht preiswertes Gravelbike gestolpert, welches ich mir mal ganz genau ansehen wollte.

Ich mag noch immer meinen Gravelbike-Eigenbau aus einem älterem „Focus Planet 3“, den ich vor knapp zwei Jahren fertig stellte. Bisweilen ist es schon etwas schwergängig, die Bereifung nicht immer optimal und auch das Gewicht, mit seinen knapp 14,3 Kilogramm doch eher in der Klasse der Einsteiger-MTB’s oder leichterer Trekking-Bikes angesiedelt. Allerdings ist es eben komplett selbst gebaut und jedes Teil daran handverlesen. Dennoch bin ich ganz tief im Inneren doch auf der Suche nach etwas „Besserem“. 

Mit dem Gravelray 4 wurde mir ein Gravelbike präsentiert, welches mir vor allem durch die 18-fach Shimano-Sora ins Auge fiel. Selbige als 27er-Variante fahre ich ja an meinem auch. Die solide Sora macht ihren Job, nur ist sie auf dem Gravelray 4 für meinen Geschmack etwas eingeschränkt, da sie mit nur 34 Zähne auf dem hinteren Ritzel auskommen muss. Bei mir darf sie hingegen mit einer Schaltaugeverlängerung auch auf einem 42er Ritzel wirken und vorne auch drei Kränze bedienen. 

Das Preisschild (hier abgebildet) war mit dem knappen vierstelligen Betrag fast seit Wochen der günstigste Preis an Gravelbikes, den ich im Fachhandel gesehen habe. Die freundlichen Verkäufer sagten mir aber, dass das Rad nur 699,-€ kosten würde. Sie hätten nur noch keine Zeit gehabt, neue Schilder zu machen. Ich solle mich aber schnell entscheiden, da es mit dem Preis schnell weg wäre.  Ok, bei dem Preis wurde das Rad dann für mich richtig interessant. Kleiner Fun-Fact nebenbei: Genau eine Woche später waren alle Räder des Modells alle noch da. Trotz Zahltag und Monatsanfang. Der Radhandel scheint wirklich zur Zeit in den Seilen zu hängen.

Auf zur Probefahrt

Die Schotterwege im örtlichen Stadtwald waren ideal geeignet für eine kleine Runde und mit dem Kleinen John schnell alle Formalitäten geklärt. Nachdem ich nach einer ganz kurzen Runde nochmals die Größe des Rades wechseln musste, ging es schnell auf eine „Gravel-Probefahrt“.  

Der Lenker war mir persönlich etwas zu schmal. Ich bin ja selbst den sehr breiten Satori Yukon gewohnt und musste mich erst an den schmaleren gewöhnen. Ebenso an die hochstehenden Bremsgriffe, die bei mir – bauartbedingt – deutlich weiter geneigt sind. 

Was mir nicht gefallen hat,…

… war nicht nur die Farbgebung. Irgendwie mag ich solche Hipster-Farben nicht wirklich. Während die Schaltung passabel und bei dem Preis gerechtfertigt ist, waren mir die mechanischen Scheibenbremsen etwas zu billig. Es gab doch schon Zeiten, wo Einsteiger-MTB’s und Rennräder um die 1200 Euronen schon hydraulische Scheibenbremsen hatten. Auch hier konnte es meinem Eigenbau nicht übertrumpfen. Es gibt EINEN Befestigungspunkt an der Gabel. Was bitte soll das? Für Gabeltaschen zum Bikepacking fehlt da auf jeder Seite noch ein zweites Loch mit Gewinde! Nur ein Loch ist Unsinn. Ebenso sind mir die Nähte am Rahmen negativ aufgefallen. Es ist zwar alles recht sauber gezogen, aber dennoch nicht verschliffen. Das habe ich auch schon mal besser gesehen, selbst in dieser Preisklasse.

Was mir gefallen hat,…

… war vor allem das Gewicht des Rades. Die 12,2 kg zzgl. Pedale machten es sehr spritzig und agil. Die Räder tragen dort wahrscheinlich auch sehr viel dazu bei. Die 40er Reifen flogen über die Schotterpiste und auch über die Stücke, die asphaltiert waren. Vom Profil her, erinnerten sie mich an die Schwalbe CX Pro, doch Raymon nennt sie „Impac CrossPac, 40-622“.  Sie bauen optisch sehr schmal, dass sie fast mit meinen Schwalbe Lugano2 in 32mm konkurrieren könnten. Im Flachland kommt man mit der 18er-Schaltung überwiegend gut zurecht. Wie es nun in den hügeligen oder gar bergigen Trails in Süddeutschland funktioniert, konnte ich daher leider nicht testen. Bei der Kette wurde etwas gespart und statt einer von Shimano eine von KMC verwendet, was aber per se jetzt ja nicht schlecht ist. Die Bremsscheiben haben CenterLock-System und mit den Schnellspannachsen hat man im Falle des Falles die Räder auch schnell raus. Der Sattel ist Standard und erinnert an die Basic-MTB’s von Cube. Geht so ein paar Stunden aber ist jetzt auch nicht außergewöhnlich.

Fazit:

Ich habe ja ein Gravelbike. Vielleicht war das die eigentliche Hürde bei diesem Test. Warum es für mich jetzt trotzdem kein New-Bike-Day wird? Es ist schlichtweg die finanzielle Ausgabe von (in meinem Falle jetzt hier) 700 Euro für nur ein einziges Kilo Gewichtsersparnis als Gravelbike für mich. Würde ich es kaufen, würde ich den Lenker umbauen wollen/ müssen, meinen Fizik-Sattel montieren und natürlich meine Magped-Pedale. Vielleicht die vordere 3fach-Kurbel und hinten natürlich mein 9fach Ritzel mit dem 42er Blatt. Dazu Schutzbleche und Gepäckträger für die roten Valkental-Taschen nebst den Flaschenhaltern. Ein Beleuchtungsset wäre auch noch fällig. Letztlich würde dadurch das Gewicht auf knapp über 13 Kilogramm steigen. Wirklich persönliche Befindlichkeit halt. 

Das Gravelray 4 hat mich schon irgendwie oder trotzdem überzeugt. Ein einfaches und agiles Rad zu einem günstigen Preis. Besonders im Augenblick, da es in der Filiale (oder in allen vom kleinen John) reduziert ist. 699 ist schon eine ordentliche Ansage. Hätte ich kein Rad und wäre gerade jetzt auf der Suche nach einem Gravelbike mit sportlicher Note für Touren und leichtem Bikepacking mit Rahmentasche, Lenkertasche und Rucksack, wäre das spontan meine Wahl. Die Farbe ist geschmackssache und vielleicht würde ich darüber hinweg sehen können. Ehrlich gesagt, juckt es mich trotzdem noch immer in den Fingern, es zu holen. Leider steht gerade meine Sommertour vor der Tür und das wird zeitlich sehr knapp.

Wer aber nun also auf der Suche nach einem schnellen Stadtrad ist, mit dem auch Touren an den Wochenenden möglich sind, ist beim Gravelray 4 aktuell preiswert sehr gut aufgehoben und kann damit mindestens für die nächsten zwei bis drei Saisons glücklich werden und in den Gravelsport einsteigen. Die Technik ist solide und bewährt und sollte einige Zeit halten. Auch, wenn es für mich – aus besagten Gründen – gerade nicht passt, würde ich es allen empfehlen, die gerade ein schnelles und preiswertes Bike suchen. 

Ausprobierte Grüße

//O.F.

Link zum Bike beim Hersteller: https://www.r-raymon-bikes.com/de-at/