Helmpflicht für Radfahrer – Die Alternative

In jedem Sommer steigen die Unfallzahlen mit Radfahrern. Nach 6 tödlichen Unfällen in MV seit Juni fordert auch der Innenminister die Helmpflicht. Bringt sie in der Praxis wirklich was? Wir gehen der Frage einmal nach.

Helmpflicht für Radfahrer – Was wäre wenn?

Als Motorradfahrer ist der Helm obligatorisch. Wenn es bei einigen Motorradtypen auch sehr eigenartige Kaskoschalen sind, tragen doch alle einen Schutz für den Kopf.
Radfahrer sehen das gegenüber den motorisierten Zweiradfahrern doch noch deutlich anders. Mehr als 60% aller Radfahrer sind ständig ohne Helm unterwegs. Wenn Helm, dann sieht man diese nur bei Kindern und Sportlern.
Seit Juni starben auf den Straßen Mecklenburg-Vorpommerns bereits 6 Radfahrer. 3 weitere erlitten schwerste Verletzungen. Die Statistik vom Vorjahr sieht nicht besser aus. 13 tödlich verunglückte Radfahrer und 163 Schwerverletzte sind eindeutig zuviel. Jüngstes und prominentestes Unfallopfer dabei, der ehemalige Landrad Erhard Bräunig, der bei einem Unfall verstarb.

Eine spontane Umfrage der SVZ zur Helmflicht heute brachte bis jetzt (9:00 Uhr) genau einen Drittelmix, der die Schwierigkeiten der Durchführbarkeit einer Helmpflicht deutlich macht.

Erstaunlicher Drittelmix bei einer Umfrage zur Helmpflicht
Erstaunlicher Drittelmix bei einer Umfrage zur Helmpflicht

Fakt ist: Ein Helm schützt vor Kopfverletzungen. Punkt!

Ein Helm kann diese aber nicht verhindern. Er kann sie auch nur geringfügig lindern. Wenn der Kopf auf die A-Säule eines Autos knallt, ist es eigentlich ziemlich uninteressant, ob ein Helm drumherum war oder nicht. Nach Statistiken der Unfallforschung sind Unfälle mit Helm aber nicht immer mit schweren Kopfverletztungen ausgegangen als bei Unfällen ohne Helm.

Warum werden Helme auf dem Fahrrad von Jugendlichen und Erwachsenen nicht akzeptiert?

Den Kindern setzt man einen auf dem Weg zum Kindergarten und in die Schule auf. Selbst als Mitfahrer im Kindersitz haben die Kleinsten einen Helm. Und die Eltern? Irgendwann setzt man keinen Helm mehr auf. Selbst als MTB-Tester, bin ich mit Helm nur unterwegs, wenn ich ein Crossbike oder MTB fahre. Der Weg in die Stadt geht ohne. Kein gutes Vorbild, oder? Der ADAC änderte vor kurzer Zeit die Prüfbedingungen für Fahrradhelme und stellte in einer neuen Testreihe fest, dass die doch schlechter sind als gedacht. Das ging natürlich durch die Medien und die Helme bekamen in der Öffentlichkeit wieder einmal einen großen Minuspunkt.

Viele Radfahrer rechnen bei einem Unfall auch eher mit Verletzungen des Körpers. Arm- und Schulterbrüche, ein Beinbruch oder verstauchte Handgelenke sind bei den Unfallfolgen höher favorisiert, als die A-Säule auf der Schläfe. Schon eigenartig. Viele Radler rechnen nicht mit dem Schlimmsten sondern spielen sich selbst die möglichen Folgen herunter.

Bei vielen Schülern und Erwachsenen gilt der Helm als Uncool und als zusätzliches und unnützes Gepäck. Dass Helme hässlich und unbequem sind, kann man längst nicht mehr behaupten. Dass gute Helme durchaus bis zu 120 Euro kosten können, dagegen schon. Ist es der Preis, der die Radfahrer abschreckt?

Wieviel Sinn macht eine verordnete Helmpflicht für Radfahrer?

Bei Moped- und Motorradfahrern ist die Helmpflicht schon vor vielen Jahren eingeführt worden. Ein paar Jahre danach wurde auch für den Sozius der Helm zum Begleiter. Heute sieht man keinen mehr oben ohne. Die Strafen bei einer Kontrolle sind allerdings auch heftig. Bei Unfällen sind die tödlichen, schweren Kopfverletzungen zurückgegangen.

Ist gleiche Durchsetzungsweise auch auf Radfahrer anwendbar? Viele dürften das Rad dann wieder stehen lassen oder die Streckenlänge deutlich reduzieren, damit sie ungesehen ohne Helm unterwegs sein können.Diejenigen, die allerdings Fahrrad fahren müssen, werden einen Helm verwenden. Wir sind uns da ziemlich sicher. Irgendwann wird der Helm auf Fahrrädern dann so selbstverständlich, wie bei Motorrädern auch. Es mangelt hier vielleicht nur oder gerade an der Durchsetzungskraft der Politik. Mal ganz ehrlich und persönlich gesagt: Förderprogramme für Banken, Aufnahme oder Abschiebung von Asylbewerbern oder Diätenerhöhungen werden zur Zeit deutlich schneller beschlossen. Oder sind die getöteten Radfahrer noch zu wenig?

„Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden…“ würde Frau Merkel jetzt sagen. Tja, Frau Kanzlerin. Dann nehmen Sie doch mal die Verkehrs- und Innenminister der Länder in eine Runde und beschließen das einfach. Viele Minister sind sowieso schon dafür, wie beispielsweise der Innenminister von MV, Lorenz Caffier. Sie laufen dort offene Türen ein. Es kann doch eigentlich nicht so schwer sein, eine STVO bzw. STVZO zu ändern. Es ist nur eine Verordnung und kein Gesetz und damit sogar auf dem kurzem Dienstweg korrigierbar. Die Politik ist gefragt. Unzählige Vereine und Organisationen, von ADAC bis ADFC, von BDR bis zu einzelnen Politikern ist die Forderung und Unterstützung einer Helmpflicht gegeben. Die Fahrradhersteller hätten übrigens auch nichts dagegen, wenn sie Helme mit eigenem Logo bekleben können. Die Versicherer, die Radfahrern schon jetzt gerne eine Teilschuld bei Unfällen ohne Helm geben würden, kommen später von ganz alleine. Mit den Winterreifen klappt das doch auch.

Warum dauert ein Beschluß in diese Richtung so lange? Immer werden Stimmen laut, die behaupten, dass man das doch nicht kontrollieren könnte und die Polizei dafür kein Personal hat. Ja, muss denn alles auch gleich mit entsprechenden Kontrollen abgesichert sein? Beschließt doch ersteinmal und seht dann, was passiert? Welche Lobby sträubt sich eigentlich so vehement dagegen? Sicher keine, die mit dem Rad ständig Konfliktsituationen im Verkehr haben, oder?

Die Alternative zur Helmpflicht für Radfahrer

Gibt es eine Alternative zur Helmpflicht für Radfahrer?

Radjacken oder Radwesten in Signalfarbe können eine Alternavie zur Helmpflicht sein
Radjacken oder Radwesten in Signalfarbe können eine Alternavie zur Helmpflicht sein

Ja! Mehr Radwege! Nein, Spaß beiseite. Fragt man Autofahrer, ist denen ziemlich egal, ob die Radler einen Helm trügen oder nicht. Aber alle sagen fast einstimmig, dass Radfahrer schlecht zu sehen sind und besserer Warnkleidung tragen sollten.

Sind Warnwesten, farblich in Orange oder Neongelb nicht sogar ein besserer Schutz. Selbst modische Regen- und Windjacken für Radfahrer gibt es in diesen Farben und als Radsportler kann ich bestätigen, dass es sich sicherer für alle Beteiligten auf den Alleenstraßen und auch im Stadtgebiet fährt, wenn man mit einer Leuchtfarbe schon von weitem gesehen wird. Natürlich probierte auch vorgestern bei mir wieder ein Autofahrer, ob ein Mindestseitenabstand beim Überholen von 10cm bei 40km/h ausreichen würde. Aber er kann nicht behaupten, dass er mich nicht gesehen hätte. (Vorgeschrieben sind übrigens 1,50m Seitenabstand. Das bedeutet übrigens auch, dass man nicht zu überholen hat, wenn es nicht geht. Punkt. Das nur dazu.)

Inzwischen gibt es aber auch hier schon wieder Studien, die belegen, dass sich das Auge bei zu hoher Präsenz dieser Farben im Verkehr daran gewöhnen könnte und man schon nach kurzer Zeit auf Radfahrer mit Signalfarben nicht mehr so genau achtet. Die Adaption dieser Farbe vom Auge wird erhöht und die Menge durch das Gehirn als gegeben gespeichert. Dadurch soll es eben zu diesem verminderten Sicherheitseffekt kommen. Wer finanziert solche Studien eigentlich? Schaut man sich bei Youtube mal ein paar City-Radfahr-Videos aus England an, scheinen sich britische Augen nicht so an die Farben zu gewöhnen. Dort sind sehr viele Radfahrer mit Westen oder gut sichtbaren Jacken unterwegs. Es muss ja nicht immer Neongrün oder Signalorange sein. Helle Jacken oder einfach Reflektorgurte würden für den Anfang ja vielleicht auch reichen und so manchen Unfall verhindern können.

Als Magazin für Radfahrer und Radsport stehen wir natürlich auch hinter der Helmpflicht. Auch befürworten wir Reflektorstreifen, Warnwesten, Pflichtbeleuchtung am Rad und verstärkte Fahrradkontrollen. Eben alles, was Radfahren sicherer macht. Und von den Steuereinnahmen aus den zusätzlichen Helmverkäufen könnte man ja wieder ein paar Radwege bauen. Gut, das wird nicht reichen, aber so als Anstoß gesehen.

Es wird Zeit, dass sich etwas ändert. 6 tödlich verunglückte Radfahrer in MV und alle anderen im Bundesgebiet sind entschieden zuviel.

Bildquelle: SVZ Umfrage / Radjacke ebay-Anbieter

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