Was taugen eigentlich die Billigräder aus Supermarkt & Co wirklich? Sind die Billigheimer dem Fachhandel gewachsen oder nur etwas für gelegentliche Radler? Wir haben ein MIFA McKenzie Cityrad aus dem Angebot der real,–Supermarktkette über die kalte Jahreszeit als Winterrad getestet. Wie es nach 6 Monaten um das Rad steht, erfahren Sie hier.
MIFA – McKenzie City-Trekking-Stadtrad im Praxistest
In den Eingangsbereichen der Baumärkte und Sonderzonen der Supermarktketten findet man sie. Die Schnäppchenräder aus aktuellen Prospekten. Die Filiale der real,-Supermarktkette steht mit seiner „Fahrradabteilung“ als Anbieter hier in der Region direkt in Wettbewerberschaft mit dem Fachhandel und die Preise der Kette sind für die Kompletträder schon sehr günstig. So fanden wir im Oktober des letzten Jahres bereits ein vermeintliches Schnäppchen, welches wir ausführlich als Winterrad im täglichen Betrieb testen wollten.
Im Angebot zeigte sich ein McKenzie Fahrrad mit Trapezrahmen zum Schnäppchenpreis. Reduziert von 239,- Euro auf 179,- Euro wartete es auf einen neuen Besitzer. Kann man eigentlich bei dem Preis was falsch machen? Oder besser gesagt: Wieviel kann man falsch machen?
Also mal ganz spontan so ein Cityrad gekauft und getestet. Was taugt ein McKenzie aus dem Supermarkt?
Erster Eindruck
Kein Nabendynamo. Keine Federgabel. Trapezrahmen mit recht kurzem Sattelrohr, normale Alufelgen und Licht, Gepäckträger nebst Schutzblechen. Profilbereifung in 40mm-Breite. Irgendwie eine Mischung aus City- und Trekking-Rad. Mattschwarz und sehr stumpf lackierter Stahlrahmen und schmaler (nicht allzu gut gepolsterter) Sattel. Überraschend war die 3/7 Schaltung von Shimano. Auf der Wage zeigte es erschreckende 16 Kilogramm. Na gut. Könnte vielleicht etwas Spaß machen und seinen Zweck erfüllen. Im Prinzip wenig dran, was kaputt gehen könnte. Oder nicht?
Die Aufkleber waren so schlecht geklebt, dass diese gleich zu allererst abgezupft wurden. Das macht optisch allerdings richtig was her und das Rad sah ohne die weissen Folien noch viel besser aus. Im Fahrbetrieb sollte das Rad eine tägliche Strecke von 1,5 km je Tour zurücklegen und auch zusätzliche Wege durch das Stadtgebiet abnehmen.
Da das Rad nur vormontiert angeboten wurde, war natürlich ein gründlicher Check-Up notwendig. Ein ordentliches Setup sollte man schon können und etwas Werkzeug sollte auch bereit liegen. Die Bremsen mussten eigestellt werden und auch Pedalen waren noch nicht montiert. Ebenso waren Lenker- und Sattelhöhe nicht korrekt. Der Reifendruck war nicht ansatzweise ordentlich. Eben nur üblicherweise vormontiert. Hier sollte sich der Laie etwas Zeit nehmen und jede Schraube überprüfen und nochmal anziehen oder die Montage einem Fachhandelspartner überlassen.
Erste Macken
Schon nach wenigen Tagen zeigten sich erste Defizite. Der gerade MTB-Lenker in Verbindung mit der Starrgabel gibt die Unebenheiten Stralsunder Altstadtstraßen und Radwege ungedämpft an Handgelenke und Schulter weiter. Der dünne Sattel versorgt auch das Hinterteil mit den entsprechenden Gegenpuffern.
Es rollte, doch irgendwie ziemlich schnell ziemlich eierig. Die Felgen zeigten sich extrem weich und mussten schon nach einer Woche nachzentriert werden. Hier drohen erste Extra-Kosten, da ein Laie eher selten seine Laufräder selbst zentrieren kann.
Die Bremsen sind ordentlich. Punkt. Leider trifft das nicht für die Drehgriffschaltung zu. Hier wurde aus preisgründen in die unterste Schublade des Shimano-Regals gegriffen und so muss die Schaltung spätestens alle 4 Wochen nachgestellt werden, wenn man die Kette ordentlich wandern lassen will. Dabei ist die Tourney TX gar nicht so schlecht. Es könnte auch an den Seilen liegen.
Erste Reparaturen
Die Laufräder zu zentrieren wurde zum Hobby. Alle zwei Wochen wurde der Lauf überprüft und nachgestellt. Offensichtlich ein Tribut an die viel zu billigen und schlechten Felgen. Ebenso spielen die Konen verrückt und die Räder fangen spätestens nach 14 Tagen in den Achsen an zu wackeln. Auch hier muss ständig nachgebessert werden. Während man das mit den Speichen schnell lernen kann, ist die Einstellung der Achsen doch eher was für den Fachmann. Ein Schlauch gab genau an einer Naht auf und wurde durch etwas ordentliches ersetzt. Die Schaltung muss ebenfalls ständig nachgestellt werden.
Erste Verbesserungen
Das Licht erwies sich über die Wintermonate als unzureichend. Eine geprüfte Halogen-Lichteinheit nach STVO war zwar verbaut, doch wer auch etwas sehen will, sollte im Fachhandel schnell nachrüsten und ein ordentliches LED-Licht mit 15 oder 20 LUX montieren lassen oder eben selbst austauschen. Der Seitenläufer-Dynamo wurde bei der Gelegenheit ebenfalls upgedatet.
Erstes Halbjahr
Mit einigen Reparaturen und Verbesserungen auf dem Zettel wurde bis hier doch ein preiswertes Rad gekauft, welches auch nach 6 Monaten noch rollt. Für die Reparaturen stehen allerdings einige Stunden Arbeitszeit auf dem Zettel und die Ersatzteile wie Lampe und Schläuche schlagen mit 25 Euro kein allzu großes Loch in die Geldbörse. Das Rad aus dem Kaufhaus zeigt sich allerdings doch recht zeitintensiv. Der Lack zeigt sich dagegen noch in gutem Zustand und auch die Freilandparkerei scheint hier nur wenige Spuren zu hinterlassen. Allerdings wäre eine Extraschicht Klarlack keine schlechte Idee gewesen. Einige Lackmacken gibt es deshalb schon.
Die Kette änderte etwas die Optik und ist trotz gutem Ölfilm schon reichlich rostig. Der Rest vom Rad ist allerdings durchaus ok. Selbst das Gewicht des Komplettrades ist durch die recht schmalen Reifen kaum zu merken. Vortrieb ist gegeben und wer mit einer Schaltung auch ordentlich umgehen kann, kommt gut und schnell von A nach B. Die Ergonomie und Sitzposition ist bei diesem Teil eher sportlich als City-Like. Der kleine Rahmen bietet sich allerdings auch für Schülerinnen an und kann bei Körpergrößen ab 140cm gut verwendet werden. Bei uns mit 182cm ist die Sattelstütze am oberen erträglichen Ende angekommen. Höher geht nicht.
Ein Kompromiss, mit dem man eben leben muss. Die Felgen werden eine sportliche Fahrweise auf jedem Fall auch weiterhin mit hohem Wartungsaufwand quittieren. Die Pedalen beginnen zusätzlich langsam zu wackeln. Offensichtlich ist hier bald Ersatz fällig, da sich die Lager in den Kunststoffpedalen auflösen. Ebenfalls ein Tribut an die Materialzusammenstellung um auf einen günstigen Preis zu kommen. Ebenso zeigt der Sattel schon nach 6 Monaten deutliche Faltenbildung. Auch hier ist baldiger Ersatz abzusehen. So richtig komfortabel ist er sowieso nicht.
Fazit:
Auch Fahrräder aus den Prospekten der Supermärkte und Baumärkte sind Fahrräder. Eigentlich. Zwei Räder, Rahmen, Bremsen, Lenker, Sattel und Lichtausstattung nach STVO. Soweit. Auch sind sie grundsätzlich fahrbar.
Der Haken kommt aber bei der Verwendung der verbauten Materialien. Hier ist eben nur preiswerte Grundkonstruktion vom Material gegeben. Stahl statt Alu, Plastik statt Guss und auch beim Lack wird oft gespart. Auch der Komfort lässt oft zu Wünschen übrig.
Warum sind Billig-Räder aus dem Supermarkt doch eine Alternative?
Wer nun nicht die Riesenstrecken fährt und das Rad für ca. 2 bis 4 km Arbeitsweg täglich nutzen will, kommt damit sehr gut zurecht. Wer nicht unbedingt sportlich unterwegs sein will, kommt damit auch gut aus. Natürlich ist auch der Preis interessant und lässt uns gerne auch auf einige Komfortelemente verzichten. Wer Langfingern nicht zwingend ein Markenlabel vor die Nase stellen will, ist mit Baumarkträdern auch gut beraten. Ein paar technische Upgrades sollte man allerdings im voraus einplanen und sich auch selbst zumuten, erforderliche Reparaturen selbst auszuführen. Dann ist auch ein sogenanntes Baumarktrad noch stimmig.
Großer Negativpunkt ist und bleibt der Vertriebsweg und die damit verbundene, fehlende Beratung. Supermärkte und Baumarktketten können (und wollen) dem Kunden gar nicht sagen, ob das Rad zum Körperbau oder zur Körpergröße überhaupt passt, welche Komponenten gut sind und wo vielleicht mehr Komfort erzielt werden könnte, wenn man auf ein anderes Modell wechselt. Positiv ist natürlich für alle, die darauf verzichten können, der Preis. Allerdings eben auch mit Abstrichen.
Wer es also nicht so wartungsintensiv mag oder Reparaturen gleich gar nicht selbst ausführen kann oder will, sollte von Rädern im unteren Preissegment die Finger lassen und seinem Fachhändler des Vertrauens ansprechen. Dies gilt für City-Bikes wie auch Kinderräder gleichermaßen. Der Fachhändler macht hier definitv noch den besseren Job und hält hier auch technisch bessere Räder bereit.