Anfang der 80er konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es einmal gefederte Gabeln und Rahmen geben wird. Noch vor 10 Jahren waren Scheibenbremsen am Rad nur ein Feldversuch und vor 5 Jahren dann die elektronische Schaltung DI2, welche sich immer mehr durchsetzt. Was wird der nächst Hype am Fahrrad? Kommt bald ein ABS – Anti-Blockier-System? Wir checken in diesem Artikel die Chancen für so eine Innovation.
Wann kommt das ABS am Fahrrad?
Mit jeder Saison kommen ganz neue Innovationen unterschiedlichster Art in die Fahrradwelt. Oft werden Technologien einfach nur verknüpft und in vielen Fällen das Rad quasi neu erfunden. In den 80er Jahren waren gefederte Gabeln und Y-Rahmen im MTB-Bereich undenkbar und als es sie dann doch gab, eher bei den Highlight-Bikes zu finden. Heute gibt es diese Technik an so gut wie jedem Rad. Konnte man sich am Anfang der 90er Jahre ernsthaft vorstellen, dass es auch einmal Rahmen aus einem anderen Material als Stahl oder Aluminium geben wird? Eher nicht. Inzwischen sind selbst Carbon-Framesets erschwinglich und beweisen ihre Leistungsfähigkeit nicht nur im Rennradbereich. Selbst Mountainbiker schwören inzwischen auf Carbon.
Scheibenbremsen, anfänglich quietschendes Ärgernis und sehr Wartungsintensiv sind inzwischen auch in allen Fahrradgattungen zu finden. Vor zwei, drei Jahren dann der Wandel auf hydraulische Scheibenbremsen. Elektronik hält Einzug am Fahrrad und die DI2 von Shimano beweist marktführend, dass es die richtige Entscheidung war, Schaltkomponenten zu elektrifizieren. Powermeter an Pedalen oder den Kurbelarmen nehmen elektronisch Verwindungsspannungen auf und senden sie via Bluetooth-Technologie an entsprechende Ausgabegeräte am Lenker.
Ein besseres Training kann es fast nicht mehr geben. Oder doch?
Aber hier ist auch noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Entwicklung geht ständig weiter und macht förmlich Riesenschritte. Ein britisches Entwicklerteam ist derzeitig dabei, der elektronischen Schaltung von Shimano mit einer kleinen Zusatzbox beizubringen, dass diese bitteschön auch den richtigen Gang selbsttätig wählt. Ein WOW-Faktor, wenn das Teil Serienreife hat. Es soll, so die Entwickler von der Insel, im Zusammenspiel mit dem Powermeter und der Geschwindigkeit dafür Sorge tragen, dass sich der Fahrer bei seinem aktuell gefahrenen Leistungsbereich immer im richtigen Gang befindet. Das Team von GCN hatte diese Technologie in Beta-Phase vor kurzem in einem Video vorgestellt, welches wir Euch an dieser Stelle auf jeden Fall empfehlen wollen.
Hat was, oder?
Bleibt die Frage, wo es denn noch hingehen könnte?
Der Profibereich zeigt viele Innovationen. Beispielhaft ist hier mal wieder Specialized, mit dem neuen Aero-Bike von Mark Carvendish. Bremsen in bzw. hinter der Gabel und hinten aerodynamisch optimiert hinter dem Sattelrohr, einen Aero-Stem und natürlich innenverlegte Kabel und Seilzüge. Leichtbau, Leichtbau, Leichtbau und kein Ende. Eigentlich steht hier nur das UCI-Regelwerk im Weg, welches die Tour-Fahrräder auf einem Minimungewicht von 6,8kg hält. Weniger ist längst möglich.
Mit der Integration von noch mehr Elektronik am Rad stehen unglaublich viele Wege offen und werden von den Entwicklern mit Sicherheit auch beschritten werden. Mit den Scheibenbremsen, die voraussichtlich an Profi-Tourbikes ab 2017 erlaubt werden, ist ein großer Schritt in eine boomende Richtung getan. Neben der Hydraulik wird auch hier die Elektronik Einzug halten und vielleicht schon in 3 bis 4 Jahren ein erstes ABS-System dafür auf dem Markt sein.
ABS am Motorrad? Als das spruchreif wurde, glaubte niemand an einen Erfolg und viele waren sehr skeptisch. Die Praxis zeigte allerdings, dass es für die Sicherheit exorbitant wichtig geworden ist und inzwischen ist das System in jedem Motorrad verbaut.
Warum also nicht auch bei Fahrrädern? Nichtblockierende Bremsen für Fahrräder gibt es bereits. Shimano hat sowas bereits seit geraumer Zeit im Angebot, verzichtet aber ausdrücklich auf die Bezeichnung ABS. Es sind schlichtweg Powermodulatoren, die zwischen der V-Brake und dem Seilzug montiert sind. Aber ein richtiges elektronisches ABS in Serienreife? Mehr Sicherheit auf nasser Straße ist garantiert und ein wegrutschen des Vorderrades kann schwere Stürze verhindern. Hier bietet sich der Bereich MTB, Cyclocross und Rennräder quasi an. Matschige und feuchte Untergründe beim Cyclocross, Bergabfahrten in den Alpen oder schlichtweg beim täglichen Weg zur Arbeit bieten das optimale Entwicklungspotenzial für die Hersteller. Möglich ist es durchaus und die notwendige Elektronik kann man mit Sicherheit auch in der vorhandenen DI-Schaltbox integrieren.
Die Innovationen der nächsten Jahre werden auch in diesem Bereich mehr als spannend werden. Sicherlich gibt es all diese Dinge nicht von Anfang an für Kleingeld. Hightech kostet Geld. Aber im Radbereich werden Innovationen immer an untergeordnete Gruppen weitergereicht und kommen schon nach kurzer Zeit schnell in erschwingliche Preisregionen an. Ein gutes Beispiel hierfür ist die 2015er Sora-Gruppe von Shimano, die nunmehr die Technik und das Design der 105er-Gruppe der Vorjahre erhielt und zudem im Spektrum erweitert wurde. Nachrüstkits für die DI2 sind inzwischen um die 850,-€ erhältlich und auch Powermeter-Kurbelsets oder Pedalen kann man sich inzwischen auch leisten, ohne nicht gleich ein Monatsgehalt dafür ausgeben zu müssen.
Wir können uns schon jetzt ganz leise auf viele innovative Komponenten freuen und wenn sie da sind, im Grunde auch nur davon profitieren. Erweiterung der Schaltungsbandbreite und des Fahrkomforts, Erhöhung der Sicherheit, Gewichtsreduzierung und schlichtweg auch die Verbesserung der eigenen Trainingsleistung. Was will man mehr?
Ein ABS-System an Fahrrädern? Es wird kommen. Bestimmt, irgendwann in nächster Zeit. Genauso wie Carbon-Rahmen, elektronische Schaltungen und Scheibenbremsen auch gekommen sind. Es kann durchaus noch ein paar Jahre dauern, doch der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten.